12.1 Sorbische Benutzeroberflächen

z Digitalizaciski koncept
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Einleitung

Dieser Themenbereich beinhaltet die Lokalisierung der Benutzeroberflächen von digitalen Anwendungen - Applikationen, Apps, Programmen, Betriebssystemen, Webseiten usw. Benutzeroberflächen von Anwendungen sind das Bindeglied zwischen Benutzer/-innen und Software und beeinflussen maßgeblich die Nutzererfahrung. Heutzutage sind sie ein wichtiger Sprachraum, mit dem immer mehr Menschen täglich - oft mehrmals - interagieren.

Visionen und Ziel für die sorbische digitale Welt

Vision 2030

„Sorben und Sorbisch-Lernende schreiben sehr leicht ober- und niedersorbisch auf elektronischen Geräten und werden vom Gerät dabei unterstützt, ihre sorbische Muttersprache respektive ihre Sprachfähigkeiten im Alltag oft und leicht anzuwenden.“

Konkretes Ziel

Die Benutzeroberflächen einzelner Applikationen auf Windows- und Android-Geräten sind vollständig in beiden sorbischen Sprachen lokalisiert.


Wie weit dieses konkrete Ziel in einzelnen Bereichen bereits jetzt erreicht ist und wo aktuell noch Defizite liegen, das soll in den folgenden Abschnitten analysiert werden. Anschließend werden geeignete Maßnahmen zur Behebung dieser Defizite vorgeschlagen und bewertet.

Ist-Analyse ‚Benutzeroberflächen‘

An dieser Stelle sei verwiesen auf die Vorüberlegungen zu den Themen Internationalisierung und Lokalisierung von Software unter Vorüberlegungen zu Internationalisierung und Lokalisierung

Insbesondere die Ziele der Lokalisierung sowie die Herausforderungen sollen auch in diesem Abschnitt Beachtung finden.

  • Nutzungsrate:
    • Grob geschätzt nutzen 90% (Schätzung des Autors)[1], d. h. fast alle deutschen Nutzer von elektronischen Geräten nutzen die Möglichkeiten des Schreibens in deutscher Sprache auf ihren Geräten. D. h. vermutlich schreiben nur wenige deutsche Nutzer komplett in anderen Sprachen auf ihren elektronischen Geräten.


Ist-Analyse ‚Sorbische Benutzeroberflächen‘

Das Ziel in diesem Themenbereich ist es, Anwendern elektronischer Geräte das Schreiben in den sorbischen Sprachen genauso leicht anzubieten, wie sie es bisher mit deutscher oder anderen Sprachen gewohnt sind, und das auf den Geräten, die sie aktuell (und zukünftig) am häufigsten nutzen und mit den von ihnen am meisten genutzten Applikationen.

Desktop, Smartphone, Tablet? Mit welchen Geräten und welchen Betriebssystemen schreiben die Sorben aktuell am häufigsten auf elektronischen Geräten? Welche Applikationen nutzen sie am meisten dafür? Wie könnte sich das in den kommenden Jahren entwickeln?

Zur Beantwortung dieser Fragen werden im Folgenden Statistiken zur Nutzung elektronischer Geräte und ihrer Applikationen in Deutschland herangezogen unter der Annahme, dass Sorben ein ähnliches Nutzungsverhalten aufweisen.

Recherche aktuell meistgenutzter ...

Schauen wir uns zunächst die meistgenutzten ... vergleichen die Marktanteile in Deutschland mit den weltweiten. Aus der bisherigen Entwicklung wird die Nutzung im Jahr 2030 als grobe Schätzung prognostiziert.

Die folgenden Daten wurden im 1. Quartal 2020 bei https://gs.statcounter.com abgerufen.

Recherche aktuell meistgenutzter ... Applikationen und Eingabegeräte

Welche Applikationen und Eingabegeräte, mit denen der Nutzer auch auf elektronischen Geräten schreiben kann, werden aktuell in Deutschland am häufigsten genutzt?

Die folgenden Daten wurden im Januar bis April 2020 bei https://gs.statcounter.com und https://de.statista.com abgerufen.


  • E-Mail-Client:
    Grafik 5.png
    • Apple iPhone und Mail 49%
    • Gmail 25%
    • Outlook 10%


  • Browser:
    Grafik 6.png
    • Chrome 49% (weltweit: 64%)
    • Safari 20% (weltweit: 18%)
    • Firefox 14% (weltweit: 5%)


  • Soziale Netzwerke:
nach Anzahl der Aufrufe: nach Anzahl der monatlich aktiven Nutzer weltweit:
  1. Facebook 59% (weltweit: 64%)
  2. Pinterest 20% (weltweit: 9%)
  3. Twitter 10% (weltweit: 15%)
  4. Instagram 8% (weltweit: 9%)
  5. YouTube 3% (weltweit: 3%)
  1. Facebook (ca. 2,5 Mrd.)
  2. YouTube (ca. 2 Mrd.)
  3. WhatsApp (ca. 1,5 Mrd.)
  4. Facebook Messenger (ca. 1,3 Mrd.)
  5. Instagram (ca. 1 Mrd.)


  • Office: [Marktanteil bei Internetnutzern in Deutschland 2010]
    • Microsoft Office 72%
    • OpenOffice 22%

Fazit aktuell meistgenutzter ... in Deutschland:

Facebook ist momentan das herausragende soziale Netzwerk, auf welches sich die Aktivitäten konzentrieren sollten. Zum Facebook-Konzern gehören auch Facebook Messenger, Instagram und WhatsApp.

  • Exkurs Oberflächen der Betriebssysteme (vgl. TB 1.3 „Sorbische Benutzeroberflächen“):
    • Microsoft Windows 10
      • Die Lokalisierung von Windows 10 lässt sich durch den Nutzer in den Einstellungen unter „Region“ festlegen. Hier sind Ober- und Niedersorbisch unter „Land Deutschland“ als regionales Format auswählbar. Damit werden Kalender-, Datums- und Zeitanzeigen in sorbischer Sprache angezeigt. Die Microsoft Office Programme (außer online/webbasiert) übernehmen die Lokalisierung, somit erscheinen bei beantworteten E-Mails bspw. Datum und Uhrzeit auf Sorbisch.
      • Die Windows-Anzeigesprache lässt sich nicht auf Sorbisch ändern.
      • Die bevorzugte Sprache für Apps und Webseiten lässt sich in den Einstellungen unter „Sprache“ auf Ober- und Niedersorbisch einstellen. Damit werden Apps und Webseiten zuerst in einer sorbischen Sprache angezeigt, wenn diese Sprachen von der Webseite unterstützt werden.
      • In den sorbischen Sprachpaketen für Windows fehlen derzeit noch: Übersetzungspaket, Vorlese­funktion (TTS), Spracherkennung (STT), Handschrifterkennung, Rechtschreib­prüfung und Wörter­bücher.
    • Google Android
      • Abhängig vom Anbieter des Smartphones lassen sich meist beide sorbische Sprachen in Android auswählen. Ähnlich wie unter Windows werden Ober- und Niedersorbisch auch unter Android dabei als regionales Format von Deutschland behandelt. D. h. es werden Kalender-, Datums- und Zeitanzeigen in sorbischer Sprache angezeigt. Darüber hinaus werden die Oberflächen von Apps und Webseiten zuerst in einer sorbischen Sprache angezeigt, wenn diese Sprachen unterstützt werden, z. B. in der Firefox-App.
    • Apple iOS und OS X (Mac OS)
      • Beide sorbische Sprachen lassen sich in den Systemeinstellungen unter „Sprache & Region“ auswählen. Ähnlich wie unter Windows und Android werden Ober- und Niedersorbisch auch unter Apples Betriebssystemen als regionales Format von Deutschland behandelt. D. h. es werden Kalender-, Datums- und Zeitanzeigen in sorbischer Sprache angezeigt.

Soziales Netzwerk

    • Facebook [Marktanteil 54%, Ziel in Bearbeitung]
      Soziale Netzwerke werden vom Nutzer mittels einer Tastatur bedient. Somit steht die Funktionalität des sorbischen Schreibens bereits über die Tastatur zur Verfügung. Auf Desktop Geräten werden soziale Netzwerke meist über einen Browser aufgerufen, auf mobilen Geräten zusätzlich per App. Somit stehen Funktionalitäten wie sorbisch schreiben, Rechtschreibprüfung und ggf. Autokorrektur auf Desktop-Geräten über den Browser sowie auf mobilen Geräten über die Tastatur zur Verfügung, siehe oben.
      Darüber hinaus gibt es zwei weitere Punkte, die untersucht wurden: die Oberfläche des sozialen Netzwerks in sorbischer Sprache sowie eine integrierte Übersetzungsfunktion aus und in die sorbischen Sprachen, siehe 12.1 Sorbische Benutzeroberflächen.
      • In den Einstellungen eines Facebook-Kontos lassen sich sowohl die sog. Facebook-Sprache für die Oberfläche festlegen als auch Sprachen für die (tlw. automatischen) Übersetzungen von Beiträgen. Die beiden sorbischen Sprachen lassen sich aktuell nicht auswählen.
      • Weiterhin lassen sich mehrsprachige Beiträge in den Einstellungen aktivieren sowie eine Funktion, mit welcher der Status eines Nutzers in mehreren Sprachen verfasst werden kann. Auch hier sind die sorbischen Sprachen nicht auswählbar.
      • Aktuell läuft ein Projekt von engagierten Privatpersonen mit dem Ziel, die Benutzer-Oberfläche von Facebook in obersorbischer Sprache anzubieten, vgl. Abschnitt 6.4.


Nutzungsrate

  • Nutzungsrate: [Ziel in Bearbeitung]
    Eine von April bis Juni 2020 durchgeführte Online-Befragung von Ober- und Niedersorben im Rahmen des vorliegenden Digitalkonzepts ergab folgendes Ergebnis bei 195 meist technikaffinen Antwortenden: ca. 50 % nutzen die im Konzept genannten Angebote des Schreibens in sorbischer Sprache auf elektronischen Geräten.
    Da es sich nicht um repräsentative Zahlen handelt und ein hoher Anteil an nicht technikaffinen Sorben berücksichtigt werden muss, wird nachfolgend davon ausgegangen, dass grob geschätzt ca. 30 % aller sorbischsprachigen Nutzer von elektronischen Geräten die oben genannten Möglichkeiten des Schreibens in einer der sorbischen Sprachen auf den Geräten nutzen.
    Kriterien für die Erhöhung der Nutzungsrate sind Verfügbarkeit, Auffindbarkeit, Einfachheit der Installation und Einfachheit der Nutzbarkeit der Angebote.
    • Verfügbarkeit: [Ziel erreicht]
      • Wie oben gezeigt sind für meistgenutzten elektronischen Geräte ausreichend Möglichkeiten vorhanden, sorbisch zu schreiben.
    • Auffindbarkeit: [Ziel fast erreicht]
      • Bis auf wenige Ausnahmen sind die Möglichkeiten, sorbisch zu schreiben und sich beim Schreiben unterstützen zu lassen, gut auffindbar, wenn sie bekannt sind.
    • Bekanntheit: [Ziel in Bearbeitung]
      • Die Bekanntheit der Angebote bei der Zielgruppe ist schwer abzuschätzen und variiert vermutlich stark. Soblex.de als Wörterbuch ist vermutlich sehr bekannt, während die Möglichkeiten der sorbischen Oberflächen von Mozilla-Produkten sowie die sorbischen Android-Tastaturen eher weniger bekannt zu sein scheinen.
    • Einfachheit der Installation (Anleitungen) [Ziel in Bearbeitung]


  • Fazit Nutzungsrate

Verfügbarkeit und Auffindbarkeit der Angebote rund um das sorbische Schreiben auf elektronischen Geräten sind erfreulich gut. Demgegenüber scheinen die Bekanntheit der Angebote sowie die Einfachheit der Installation noch stark ausbaufähig.

Es gibt nur wenige Anleitungen und diese sind weder zentral auffindbar noch direkt an den Download-Seiten auffindbar. Der Nutzer muss also wissen, wo er nach Anleitungen suchen muss oder muss aufwendig danach recherchieren.

Die vorhandenen Anleitungen scheinen für Laien zu kompliziert, somit sind die Hürden für den Nutzer hoch, sich die Rechtschreibprüfung zu installieren bzw. die weiteren Angebote zu nutzen.

Als weitere Begründung der Nicht-Nutzung der Angebote des sorbischen Schreibens auf elektronischen Geräten wurde genannt, dass sich viele Sorben ihrer eigenen sorbischen Sprachfähigkeiten - insbesondere der technischen Terminologien - nicht sicher genug fühlen, um z. B. ein vollständig lokalisiertes Programm in einer der sorbischen Sprachen zu nutzen. In den Lokalisierungen resp. den fachlichen Terminologien werden oft Wörter für informationstechnische Ausdrücke verwendet, die ein Laie nicht kennt oder nicht oft in seinem Sprachgebrauch verwendet.

Hierfür werden zwei Maßnahmen vorgeschlagen: die fachlichen technischen Terminologien sollen vereinheitlicht werden, möglichst unter linguistischer / sprachwissenschaftlicher Begleitung, so dass für Laien leicht verständliche Begriffe gefunden werden. Des Weiteren sollen Schulungen für Privatpersonen angeboten werden, welche die Nutzung der Angebote schulen und die Nutzenden dabei unterstützen, das Vokabular der fachlichen Terminologien kennenzulernen und anzuwenden.

  1. Die grobe Schätzung basiert auf der Annahme, dass Nicht-Deutsche, die privat in Deutschland leben, meist ihre Heimatsprache auf den elektronischen Geräten nutzen. Laut Statistischem Bundesamt lebten 2019 in Deutschland in Privathaushalten 10,5 % zugewanderte Ausländerinnen und Ausländer, die nicht in Deutschland geboren wurden.
  2. vgl. https://digiserb.de/de/tutorials/
  3. vgl. https://www.radyserb.net/index.php?id=3187
  4. vgl. https://www.youtube.com/watch?v=qjS12MhYBH8&list=PLOELdgcwSVblQcfTK6hoCKkwptG3Uok7P
  5. vgl. https://www.youtube.com/channel/UC61luu667EG7cSf_5klSrYw/videos